Augsburg/Königsbrunn, 07.06.2018 (pca). Sergey Maltsev (41) hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, einen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft zu finden. Bisher war er, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, beschäftigt bei den Ulrichswerkstätten, einer Einrichtung der CAB Betriebsträger gGmbH. Maltsevs Wunsch ist in Erfüllung gegangen: Seit gut einem Jahr hat er einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz bei der Firma „haug bürsten KG“ in Königsbrunn. Sie stellt mit ihren rund 90 Mitarbeitern vor allem hochwertige Hygienebürsten für die Lebensmittelindustrie her.
Sergey Maltsev freut sich über seinen Arbeitsplatz. Bei einem Besuch in der Fertigungshalle ist er gerade dabei, Wasserschieber zu montieren. „Ich fühle mich gut!“, sagt er. Mit seinem Rollstuhl kann er ohne Hindernisse vom Parkplatz, wo er sein Auto stehen hat, in die Halle einfahren. An seinem Arbeitsplatz selbst kann er im Rollstuhl sitzen und braucht, wenn nötig, nur wenige Schritte zu tun. Möglich gemacht hat diesen Sprung in den freien Arbeitsmarkt das bayernweite Projekt „BÜWA“ (Begleiteter Übergang aus der Werkstätte in den Arbeitsmarkt), das im Jahr 2015 auch in Schwaben aufgenommen wurde.
Im Regierungsbezirk Schwaben, so berichtet es Stefan Dörle, der sich beim Bezirk Schwaben als Inklusionsbeauftragter um die Projektentwicklung für die Teilhabe behinderter Menschen im Arbeitsleben kümmert, gibt es 20 Betriebe, die sich an diesem Programm beteiligen – mit 50 Teilnehmern, die bisher in den ersten Arbeitsmarkt hinüber geführt werden konnten.
Bei der CAB Caritas Betriebsträger gGmbH ist Nicole Held für „BÜWA“ zuständig. Sie arbeitet mit dem Bezirk Schwaben zusammen. Aus den Caritas-Werkstätten in Augsburg, Aichach, Schwabmünchen und Günzburg konnten bisher fünf Personen in ein festes Arbeitsverhältnis gebracht werden. „Beide Seiten – die Firma, und auch der Beschäftigte – müssen wollen. Das ist das A und O“, darin sind sich Hans-Jörg Haug und Christian Niggl von der Betriebsleitung bei haug bürsten einig. Bei ihrem neuen Mitarbeiter Sergey Maltev merkten sie, dass er willens und auch fähig ist, seine Arbeit selbständig und gut zu tun. Er brachte ja schon Vorkenntnisse aus der mechanischen Fertigung bei den Ulrichswerkstätten mit. „Für mich hat er keine Behinderung“, meint Christian Niggl, sein Vorgesetzter.
Freilich hatten sie als Arbeitgeber zunächst Bedenken, räumen Haug und Niggl ein. Eine wesentliche Frage war: Was ist, wenn es mit dem neuen Mitarbeiter nicht klappt? Können wir ihm dann kündigen? Als sehr hilfreich haben es die Chefs empfunden, dass sie den neuen Mitarbeiter zunächst in einem mehrmonatigen Praktikum hatte kennen lernen können. In dieser Zeit kam Nicole Held von der Caritas einmal die Woche in die Firma, um die Beteiligten zu begleiten, offene Fragen anzusprechen und nach Lösungen zu suchen. Und auch nach der Übernahme erfolgte eine monatelange Nachbetreuung durch Nicole Held. „Nicht gleich festgelegt zu sein, das kam uns als Arbeitgeber sehr entgegen“, meint Christian Niggl. Ohne einen „Coach“ wie Nicole Held und auch eine große Flexibilität, was den Übernahmezeitpunkt betrifft, wäre dieser Übergang nicht so gut möglich gewesen, ist Niggl überzeugt. Wichtig auch: „Unsere Mitarbeiter tragen das Projekt mit, Sergey Maltsev ist sehr gut integriert.“