Auch wenn man die Hightech-Medizin denkt, die oft auch am Lebensende zum Einsatz kommen kann, stellt sich die Frage, ob und inwieweit hier die Unantastbarkeit der Würde des Menschen verletzt wird. Der diesjährige Begegnungs- und Fortbildungstag der Hospizdienste im Caritasverband für die Diözese Augsburg widmete sich am Samstag in Augsburg deshalb der Frage nach Anspruch und Wirklichkeit der Unantastbarkeit der Würde des Menschen.
Die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, das zeige sich in der zwischenmenschlichen Begegnung. Das gelte nicht nur, aber auch in besonderer Weise am Lebensende. Man könne den Hospizhelfern "nicht genug dafür danken, dass sie den ihnen anvertrauten Menschen durch ihren Dienst einen Würde bewahrenden Mantel schenken", sagte Peter Hell, Leiter des Referates Teilhabe und Pflege des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg, in seinem Grußwort zu den über 150 Hospizhelferinnen und -helfern im Haus St. Ulrich in Augsburg. Auch Gabriele Luff, Leiterin des Fachgebietes Hospiz und Palliative Care des Diözesan-Caritasverbandes, betonte die grundsätzliche Bedeutung der Würde des Menschen für die Hospizarbeit. Die Charta für Sterbende fordere, dass der Mensch mit allen seinen Schwächen und Einschränkungen am Leben teilhaben und selbst bestimmen könne wie auch dass er ein begründetes Vertrauen in andere haben darf.
Josef Epp, Klinikseelsorger an der Kreisklinik Ottobeuren, anerkannter Buchautor und vielgefragter Referent, unterstrich in seinem Hauptvortrag den im Grundgesetz verankerten uneingeschränkten Wert- und Achtungsanspruch mit "Ewigkeitsgarantie", der jedem Menschen um seiner selbst willen zukomme. Deutschland habe sich damit verpflichtet, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, "das heißt auch zu verteidigen". Dass sei aber nicht nur Aufgabe der Institution Staat, sondern jedes Menschen, "denn der Staat sind auch wir."
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Epp hielt keinen rechtstheoretischen oder philosophischen Vortrag über die Würde des Menschen. Er
verwies in seinem leidenschaftlichen Vortrag auf wesentliche Merkmale, in denen sich die Würde des Menschen verwirkliche. Dazu gehöre u.a. das Angewiesensein des Menschen auf soziale Bindungen und Beziehungen. "Beziehungsverlust ist eine existentielle Bedrohung, die Beziehungsverweigerung verletzt die Würde." Und: "Eine der tiefsten Verletzungen der Würde ist die Gleichgültigkeit. Denn Resonanz bei anderen Menschen zu finden und zu erfahren, gehört zu den Urbedürfnissen des Menschen." Genauso gehörten das Streben nach Autonomie, Selbstbestimmung, Entfaltung und freie Entscheidungen als "Grundbestreben jedes Menschen" zu den Merkmalen der Würde.
Der Referent machte immer wieder deutlich, wie sehr dieses Verständnis der Würde des Menschen auf der biblischen Botschaft beruhe. Gleichgültigkeit und Vernachlässigung stünden im Gegensatz dazu. Die zentrale Aussage der Bibel sei nämlich, dass Gott zum Menschen sage "Du bist mir wichtig." Die Würde sei Gottes Geschenk an alle Menschen unabhängig ihrer geistigen und körperlichen Gegebenheiten wie auch ihrer Herkunft. Weil sie Gottes Geschenk sei, entziehe sie sich auch der menschlichen Verfügungskraft. So müsse der Mensch sich deshalb die Würde nicht erst durch irgendwelche Bedingungen selbst verdienen. Manipulation, Fremdbestimmung , Bevormundung, Finanzierungsvorbehalte und Gewinnstreben z.B. im Bereich der Pflege seien auch "keine gottgewollte Entwicklung".
Hospizhelferinnen und -helfer sieht Epp deshalb aufgefordert, die Menschen, die sich ihnen anvertrauen
bzw. anvertraut sind, vor Übergriffen administrativer, fremdbestimmender, ökonomischer, manipulativer und abwägender Art zu schützen. "Verteidigen Sie die Individualität und Integrität des Menschen zu jeder Lebensphase!", forderte Epp die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Begegnungs- und Fortbildungstages der Hospizdienste im Bistum Augsburg auf. In den Augen des bekennenden Christen Epp könne dieser Dienst am besten gelingen, "wenn die Spiritualität in der Hospizarbeit sich an den handelnden Gott bindet. Denn Gottes Interesse an den Menschen besonders in den äußersten Lebenssituationen des Menschen lässt unser Herz für die Menschen brennen."
Infos zu den Hospizdiensten im Bistum Augsburg:
Die gewachsene Bedeutung der Hospizdienste im Bistum Augsburg zeigt sich im Zuwachs der Anzahl der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von 2014 bis 2017 vom 33 auf 51. Die gewachsene Anzahl der hauptamtlichen Wochenstunden von 726 auf 1.133 im gleichen Zeitraum spiegelt dies neben neuen gesetzlichen Bestimmungen wider. Aber auch die Zahl der einsatzbereiten Ehrenamtlichen im Hospizdienst nahm im gleichen Zeitraum von 748 auf 1.045. So konnten auch mehr Sterbebegleitungen durchgeführt werden. 2014 waren es noch 1.107, 2017 1.689.