Neuburg: Peter (14 Jahre) zeigt in der Schule seinen Klassenkameraden stolz seine DVD’s mit der von ihm geknackten Kopie der aktuellen Version des Fifa-Spiels. Für einen Spottpreis gibt er die DVD’s an seine Freunde ab.
Am Nachmittag trifft er seine 15 jährige Freundin Lisa. Sie chatten gemeinsam auf Youtube und Instagram . Weil Lisa wütend auf ein Mädchen ihrer Schule ist, die ständig mit ihrem Ex-Freund flirtet, setzt sie deren Foto bei Facebook mit dem Titel "Schlampe hoch 10" ins Netz.
Dies ist Teil einer Geschichte, die Bewährungshelferin Stephanie Scherzer den Schülern der Kl. 7a an der Neuburger Mittelschule vorliest. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Nicole Luber klären die beiden Mitarbeiter beim Landgericht Ingolstadt anhand der Ausgangsgeschichte die Schüler über Straftaten und deren Konsequenzen auf.
Sie klären über die Hintergründe des Jugendstrafrechts auf. Nicole Luber: "Das Jugendstrafrecht hat einen erzieherischen Anspruch. Dies macht sich u.a. bei den unterschiedlichen Sanktionsmöglichkeiten bemerkbar.
Caritas-Schulsozialarbeiter Markus Bach lud die beiden Mitarbeiter an die Neuburger Mittelschule in insgesamt drei Klassen der 7. Jahrgangstufe ein. "Mit 14 Jahren werden die Schüler strafmündig. Sie sollen lernen, dass sie selbst verantwortlich dafür sind, wenn sie Unsinn anstellen."
Bewährungshelferin Scherzer stellt den interessierten Jugendlichen die gesetzlichen Konsequenzen bei Fehlverhalten vor: "Die Sanktionsmöglichkeiten eines Richters reichen von Erziehungsmaßregeln über Jugendstrafen mit Bewährung bis hin zu Jugendstrafen ohne Bewährung". Was sind Erziehungsmaßregeln? Hier könnte ein Jugendlicher z.B. die Auflage erhalten, ein Antiaggressionstraining zu besuchen oder sich einem regelmäßigen Drogenscreening zu unterziehen.
Bei Jugendstrafen auf Bewährung wird eine Bewährungszeit ausgerufen, in der Zeit dürfe der Jugendliche nichts anstellen. Dies werde von einem Bewährungshelfer kontrolliert.
Im Falle von Jugendstrafen ohne Bewährung müsse der Verurteilte seine Haftstrafe antreten.
Die Schüler erarbeiten gemeinsam mit ihren Referenten die in der Geschichte vorkommenden Straftaten. Vom Thema "Persönlichkeitsrecht" fühlen sie sich sehr angesprochen und es entsteht eine interessante Diskussion. Geht es hierbei doch um die Verwendung bzw. den Missbrauch von Fotos und damit um die Verletzung des Rechts. Von den sozialen Netzwerken kennen die Schüler verschiedenste Praxisbeispiele.
Bei allen Beispielen suchen die Referenten gemeinsam mit den Schülern nach alternativen
Lösungsmöglichkeiten für Konflikte und zählen mögliche Hilfen auf.
Rektorin Anne Graf freut sich über das an ihrer Schule seit vielen Jahren stattfindende Programm. "Die Jugendlichen machen sehr interessiert mit. Es ist wichtig, dass sie erfahren, wann unsere Gesellschaft sagt: Halt, bis hierher und nicht weiter!"
Am Ende verabschieden sich Luber und Scherzer von ihren Schülern, dass sie sich hoffentlich niemals dienstlich begegnen werden.
Insgesamt nahmen 60 Schüler der 7. Jahrgangstufe an dem Präventionsprojekt der Caritas-
Schulsozialarbeit teil.
Foto: Caritas-Schulsozialarbeit, Markus Bach
Bilduntertitel: Das Projekt "Grenzgänger" zeigt Schülern auf, wann unsere Gesellschaft bei Fehlverhalten
einschreitet. Die Bewährungshelferinnen Stefanie Scherzer (links) und Nicole Luber (rechts) zeigen den
Schülern auch auf, wie unattraktiv das Leben für die Insassen in einem Gefängnis aussieht. Ein Schüler
schlüpfte hierzu in die Rolle eines Gefangenen.